– Grundsätzliches: Was ist Legal Tech? –
Legal Tech steht für Legal Technology und bezeichnet Onlinedienste und Software, die juristische Arbeitsprozesse unterstützen oder gänzlich automatisiert durchführen, wobei dies lediglich der Oberbegriff aus Wikipedia ist.
Ein derzeit prominentes Beispiel ist z.B. das Angebot von smartlaw.de, wo sich Nutzer selbst Verträge “generieren” lassen bzw. erstellen können. Neustes Urteil durch das LG Köln v. 08.10.2019 – Az. 33 O 35/19: Smartlaw verstoße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (=RDG). Eine -wie ich finde- suboptimale Entscheidung. Es gibt Standardschreiben, in denen man nur den Namen, die Anschrift und gegebenenfalls ein Stichwort angeben muss. Doch so leicht wie ich es mir mit diesem Einwand gerade mache, kann man es sich nicht machen und ich bin überzeugt davon, dass sich auch die (meisten) Gerichte nicht nur oberflächlich damit beschäftigen respektive beschäftigt haben.
Zudem steht im November 2019 die Entscheidung des BGH zu wenigermiete.de an, wo der Mieter seine Rechte abtritt und diese dann durch wenigermiete.de durchgesetzt werden (oder auch nicht).
Bereits bei diesen beiden Portalen besteht für eine Art Gesamtbetrachtung ein -wie ich finde- gravierender Unterschied, denn das eine hat eine Inkasso-Zulassung (wenigermiete.de), das andere nicht (smartlaw.de). Während ersteres Portal aktiv selbst eine (Rechts-) Dienstleistung im Rahmen z.B. einer Mietsenkung vornimmt, bietet das andere Portal im Rahmen des Verlagswesens Dokumente/Verträge an. Die Generierung könnte beispielsweise auch als Zusatzleistung betrachtet werden.
– Aktuell –
Schaue ich mich z.Zt. wegen der anstehenden Entscheidung des BGH bzgl. Legal-Tech um fällt mir auf, dass es Beiträge gibt, die inhaltlich stellenweise falsche Ausführungen beinhalten. Andere erscheinen punktuell nahezu grotesk.
Beispielsweise konnte ich gestern auf dem Onlineportal eines öffentlich-rechtlichen TV-Senders lesen, dass es einer „Anwaltslizenz“ bedürfe, obwohl man zur Anwaltschaft von der zuständigen Rechtsanwaltskammer zugelassen wird, vgl. u.a. § 12 BORA (=Berufsordnung für Rechtsanwälte). Im selben Beitrag wurde auch geschrieben, dass der Anwaltschaft grundsätzlich die Vereinbarung eines Erfolgshonorars nach dem RDG (=Rechtsdienstleistungsgesetz) nicht erlaubt sei, jedoch ist das Erfolgshonorar innerhalb der BRAO (=Bundesrechtsanwaltsordnung), u.a. § 49b BRAO, und im RVG (=Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) geregelt.
– Zielführende Debatte –
Mittlerweile wurde der entsprechende Beitrag überarbeitet. Dennoch gibt es Anzeichen dafür, dass bereits die Grundzüge der Berufszulassungsregelungen und Berufsausübungsregelungen sowie der Regelungen zu Rechtsdienstleistungen stellenweise nicht bekannt sind. Wie soll dann eine zielführende Debatte geführt werden?
Bevor ich in nächster Zeit versuche ins Detail zu gehen, sollte man zur Meinungsbildung eine Vielzahl an Faktoren berücksichtigen. Bereits ohne sich etwas intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen, stellen sich fast wie von selbst folgende Fragen:
Geht es um den Schutz der Anwaltschaft oder um den Schutz der Rat-/Hilfesuchenden?
Um was für ein Legal Tech-Modell handelt es sich?
Was ist Rechtsdienstleistung (und wann beginnt sie bzw. wo hört sie auf)?
Was ist das Ziel des Rechtsdienstleistungsgesetz?
Was möchten und erwarten die Nutzer von Legal Tech-Portalen?
Würden die Nutzer von Legal Tech-Portalen in ihren Angelegenheiten anwaltliche Beratung/Vertretung in Anspruch nehmen, wenn es das genutzte Modell nicht gäbe?
Wichtige Stichworte sind z.B. “Schutzbedürftigkeit” und “Schutzwilligkeit” des Nutzers verbunden mit der Frage, ob er eine Rechtsdienstleistung im Sinne des RDG erwartet und wünscht, oder (lediglich) eine Dienstleistung in Anspruch nehmen möchte, die er im Rahmen eines Mandates nicht in Anspruch nehmen würde. Diese Frage wird immer gestellt und oftmals als oberflächlich und laienhaft abgetan. Doch meines Erachtens ist diese Frage alles andere als irrelevant.