– Computerprogramm und Quellcode, Geschäftsgeheimnis und Urheber-/Verwertungsrecht –
Das noch recht neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) sollte (auch) im Bereich der Computerprogramme und deren Urheberrechte/Verwertungsrechte nicht außer Acht gelassen werden.
§ 2 Nr.1 GeschGehG definiert ein Geheimnis als eine Information,
a)
die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und
Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die
üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein
bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem
Wert ist und
b)
die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen
Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
c)
bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht;“
Der Quellcode als Geschäftsgeheimnis i.S.d. § 3 GeschGehG
Der Quellcode (englisch: source code) als in Programmiersprache geschriebener menschenlesbarer Text eines Computerprogrammes ist in den allermeisten Fällen das Heiligtum des Programmes, sofern es nicht Open Source ist und dadurch (oft dennoch an Bedingungen bzw. bestimmte Vorgaben geknüpft) öffentlich eingesehen, genutzt und geändert werden kann. Er „beschreibt“ ein Programm vollständig und exakt, sodass ein Computer ihn automatisch in Maschinensprache übersetzen kann, also in einen „Maschinencode“.
Dementsprechend ist der Quellcode regelmäßig ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 Nr.1 GeschGehG.
Das Dekompilieren und die §§ 69c – 69e UrhG
§ 3 Abs.1 Nr.2 GeschGehG bestimmt, dass ein Geheimnis auch durch „Rückbauen“ erlangt werden darf.
Im Urheberrecht gibt es den Begriff des Dekompilierens, was – simpel und einfach erklärt – ein Rückübersetzen eines Maschinencodes in einen menschenlesbaren Programmcode (= Quellcode) bedeutet, also auch ein „Rückbauen“ im Sinne von § 3 Abs.1 Nr.2 GeschGehG.
Berücksichtigt man nun, dass § 69e Abs.1 UrhG die grundsätzlich gem. § 69c Nr.1&2 UrhG zustimmungsbedürftige Handlung des Dekompilierens erlaubt, fällt auf, dass man dies bei Vertragsgestaltungen etc. unbedingt beachten sollte. Die „grundsätzlich gem. § 69c Nr.1&2 UrhG zustimmungsbedürftige Handlung des Dekompilierens“ bedarf nämlich – sollten keine besonderen vertraglichen Regelungen vorliegen – wiederum keiner Zustimmung, wenn sie gem. § 69d Abs.1 UrhG „für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch jeden zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten notwendig sind.“
Grundsätzlich bestimmt § 69d Abs.1 UrhG beim Fehlen entsprechender vertraglicher Regelungen maßgeblich den Inhalt von Softwareüberlassungsverträgen und Softwarelizenzverträgen mit.
Im Umkehrschluss zu § 69e UrhG ist die Dekompilierung zur Fehlerbeseitigung/-berichtigung und sonstigen bestimmungsgemäßen Umarbeitungen zwar grundsätzlich unzulässig und § 69e UrhG ist lex specialis zu § 69d UrhG. Bei schwerwiegenden die Nutzung verhindernden Programmierfehlern kann allerdings zumindest eine punktuelle Dekompilierung erlaubt sein, z. B. wenn sowohl der Programmhersteller als auch der entsprechende Lieferant die Beseitigung des Fehlers bzw. zumindest die notwendigen Informationen zur Fehlerbeseitigung nicht anbieten. Zudem muss die technische Erforderlichkeit vorliegen.
Dennoch sollten vertragliche Regelungen zum Schutz des Quellcodes als Geschäftsgeheimnis nicht fehlen.